„Größtmögliche Selbstständigkeit“ und „hohes Gut“ – Landrat besucht BiB-Platz

Eine gelungene Kooperation: Landrat Wolfgang Schuster (l.), Schirmherr der Betriebsintegrierten Beschäftigung, besichtigt den Arbeitsplatz von Steffen Hofmann (2.v.l.). Ihm zur Seite stehen (v.l.) Sascha Jost, Ralf Turk, Franziska Jost und Dr. Oliver Schmitzer. (Foto: Schneider)

„Ich bin mittlerweile sogar ein richtiger Fachmann im Gravieren“, verkündet Steffen Hofmann stolz. Der 35-Jährige fühlt sich an seinem Arbeitsplatz bei der Firma Jost in Bischoffen sichtlich wohl. Seit dreieinhalb Jahren ist er dort tätig – innerhalb des Modells betriebsintegrierter Beschäftigung (BiB), das die Lebenshilfe Dillenburg seit fünf Jahren erfolgreich in die Tat umsetzt: 43 Betreute der Dillenburger Werkstätten sind aktuell auf Außenarbeitsplätzen in heimischen Betrieben beschäftigt.

Schirmherr der Betriebsintegrierten Beschäftigung ist Landrat Wolfgang Schuster. In jedem Jahr besichtigt er einen dieser BiB-Arbeitsplätze. Diesmal: die Firma  Jost. Als Steffen Hofmann zunächst mit einem achtwöchigen Praktikum bei dem Unternehmen für Metall- und Kunststoffverarbeitung begann, war nicht abzusehen, dass er diese neue Herausforderung meistern würde. Auf dem ersten Arbeitsmarkt konnte er zuvor nicht bestehen und arbeitete daher in der Werkstatt in Dillenburg.  „Als wir Steffen kennenlernten,  hat er sich selbst wenig zugetraut und kam schnell an seine Grenzen“, erzählt Franziska Jost, die gemeinsam mit ihrem Mann Sascha die Firma leitet.  „Jetzt ist er geduldiger geworden, hat gelernt, sich auch mal durchzubeißen, und ist für uns ein verlässlicher Mitarbeiter geworden. “  Dennoch stellen nach wie vor kleinste Veränderungen und neue Aufgaben eine enorme Belastung für ihn dar. Daher ist es wichtig für ihn, feste Bezugspersonen zu haben, die ihm in der Arbeitswelt zur Seite stehen.

„Gestern durfte ich sogar an der neuen Maschine arbeiten“, berichtet Steffen Hofmann beim Rundgang durch die Halle. Insgesamt zehn Mitarbeiter fräsen, montieren, sägen hier. Produzieren für Maschinenbau, Luftfahrt, Computer- und Medizintechnik. „Inzwischen kann ich in allen Bereichen mithelfen“, sagt der BiB-Mitarbeiter, während er den Kühlwasserstand einer Maschine überprüft. Um 7.15 Uhr beginnt sein Arbeitstag. Seinen Arbeitsweg tritt er per Bus von Herborn aus an. Dort lebt er in der Wohnform des Betreuten Wohnens. Bedeutet: Er meistert seinen Alltag weitgehend selbstständig, bekommt dabei aber von Seiten der Lebenshilfe leichte Hilfestellung. „Größtmögliche Selbstständigkeit eines behinderten Menschen wie im Fall von Steffen Hofmann ist unser großes Anliegen“, sagt Lebenshilfe-Vorstand Dr. Oliver Schmitzer. „Sowohl im Bereich der Arbeit als auch im Bereich des Wohnens.“  Wenn in beiden Bereichen etwas aus der Spur gerät, steht die Lebenshilfe bereit.

„Das ist im Fall der betriebsintegrierten Beschäftigung auch ein ganz wichtiger Punkt“, betont Ralf Turk, Leiter der Dillenburger Werkstätten. „ Dass die BiB-Unternehmen von uns nicht allein gelassen werden. Im Gegenteil: Wir wollen von den Firmen als ein verbindlicher Partner wahrgenommen werden, auf den man sich verlassen kann.“  So gilt Steffen Hofmann auch weiterhin als Beschäftigter der Dillenburger Werkstätten, auch wenn er ansonsten in seinem Arbeitsalltag komplett in die Abläufe des jeweiligen Betriebs eingebunden ist. „Die betriebsintegrierte Beschäftigung von Steffen ist für uns ein Geben und Nehmen. Es ist zum einen eine Herzensangelegenheit, aber gleichzeitig profitiert auch jeder von uns davon“, beschreibt Geschäftsführer Sascha Jost das gute Miteinander, für das der Werkstätten-Bereichsleiter in dieser Runde auch noch einmal seinen Dank ausspricht: „Es braucht Unternehmen wie Sie, die sich auf dieses Experiment einlassen.“

Von den Arbeitslosen im Landkreis sind zehn Prozent Menschen mit Behinderungen. „Daher ist mir die Betriebsintegrierte Beschäftigung ein besonderes Anliegen“, teilt Schuster mit. „Arbeit  ist wichtig für Menschen. Sie gibt ein Maß an Würde und das Gefühl, gebraucht zu werden. Das ist ein hohes Gut, und das darf man nicht unterschätzen.“